Es folgt ein Wechsel von Lebensgeschichte, Gedichten und von Steller komponierten Stücken, die dieser mit Gitarrenbegleitung vorträgt. Die Ehe mit Almut Ullrich, die 1989 mit gerade mal 48 Jahren stirbt – dazu Stellers sehr gefühlvolle Vertonung von „Zur Beherzigung“, das zurzeit, laut seiner Homepage, sein Lieblingsgedicht ist. Die Gäste erfahren einiges über Gernhardts Pseudonyme, wie „Lützel Jeman“, was so viel heißt wie „Kleiner Niemand“, seine Tätigkeit für die Zeitschriften „Pardon“ und „Titanic“ und „Theo“. Letzterer bekannt durch Otto, aber die von Oliver Steller vorgetragene Version war fast noch besser. Gernhardts erster Gedichtband hieß „Wörter See“. Den hatte Steller nicht dabei, aber ein Werk mit allen 1.280 Gedichten, die der Schriftsteller geschrieben hat. Dass Steller das Publikum im Burghaus für Gernhardts Gedichte begeistern konnte, sah man an den vielen Gedichtbänden, die an diesem Abend mitgenommen wurden. Darin auch das „Diät Lied (mit Ohrfeigenbegleitung)“ und natürlich „Siebenmal mein Körper“ – beide ließ Steller mit seiner sonoren Stimme das Bielsteiner Publikum hören. Oliver Steller, Jahrgang 1967, hat seine Liebe zur Literatur nach der Schule wiederentdeckt. Seitdem vertont er Gedichte. Im Anschluss an ein Musikstudium in den USA und einem Jahrzehnt als freischaffender Musiker, gab der Gitarrist und Sänger 1995 sein Debüt als Rezitator. Die FAZ bezeichnet Oliver Steller heute als „Stimme deutscher Lyrik“. Immer hat er seine alte, schwarze Aktentasche dabei – die „lyrische Notfalltasche“, in der sein Programm auf Zetteln, die Gesamtausgabe von Gernhardts Gedichten und natürlich seine Lesebrille sei, wie er dem Publikum verrät. Momentan arbeite er an einem neuen Heine-Programm – eins gab es schon 2009. Besonders die mit spitzer Feder geschriebenen Gedichte seien gerade heute hinsichtlich der Themen Politik, Kirche und Antisemitismus. Die Burghausgäste warten nun gespannt auf dieses neue Programm, aber an diesem Abend gab es zum Schluss dann noch das „Abschied“ von Robert Gernhardt.
Vera Marzinski
Fotos: Vera Marzinski